Lange wurde er diskutiert, lange hielt sich die Grauzone über Deutschland: Der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag hielt viele Schlupflöcher und frei auslegbare Formulieren bereit, die Anbieter und Nutzer von Online Casinos in die Irre führten. Ab Sommer soll ein einheitliches Gesetz für Klarheit sorgen und die Lizenzierung von digitalen Casinos regeln. Aber kann die Änderung für mehr Durchblick garantieren?
Das Glücksspiel in Deutschland wurde in der Vergangenheit mit zweierlei Maß gemessen. Die Regierung unterschied zwischen landbasierten Spielhallen und digitalen Online Casinos. Während für die realen Spielhallen und Casinos der Betrieb durch Vergabe von Lizenzen geregelt und legal war, fristeten die Vertreter im Internet ein weniger geregeltes Dasein. Grundlegend ist der Betrieb und das Anbieten von Automatenspielen oder Online Poker in Deutschland untersagt.
Jedoch hat sich Schleswig-Holstein über diese Vorgabe als einziges Land in der Vergangenheit hinweggesetzt und das Glücksspiel im Internet erlaubt. Wer als Bürger mit Wohnsitz in dem norddeutschen Bundesland sein Glück an den zahlreichen Automaten versuchen wollte, durfte dies sorgenfrei tun. Wer jedoch aus Bayern heraus auf eine der entsprechenden Seiten klickt, dem wurde entweder der Zugang untersagt oder man bewegte sich auf dünnem Eis.
Eine schwierige Situation, die durch landesweite Werbeschaltung der Anbieter befeuert wurde. Die Ausstrahlung von Werbespots, die bundesweit ihre Zielgruppe erreichte, sorgte in Deutschland regelmäßig für Diskussionen. Warum war eine öffentliche Bewerbung über die Grenzen Schleswig-Holsteins erlaubt? Fragen, die die Regierung nicht beantworten konnte. Jetzt soll allerdings der kommende Glücksspielstaatsvertrag ab 1. Juli für eine transparente Ordnung sorgen.
Lizenzvergabe begrenzt
Um in Zukunft in Deutschland als Anbieter von Online Casinos offiziell tätig werden zu dürfen, müssen sich Interessenten um eine deutsche Casino Lizenz für ihr Angebot bewerben. Anträge können bereits gestellt werden, doch die Vergabe wird erst in den nächsten Wochen starten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass nicht jeder Antrag bewilligt wird. Damit die Übersichtlichkeit gewährt bleibt, werden die Lizenzen begrenzt sein. Auf diese Weise will die Regierung stets in der Lage sein, den Überblick zu bewahren.
Die Neuregulierung des Staatsvertrages hat in erster Linie steuerliche Hintergründe: Jährlich nimmt der Staat durch das bereits legalisierte Glücksspiel mehr als 1 Milliarde Euro ein, die durch Sportwetten, Casinos oder Lotto-Einsätze generiert werden. Durch den Boom der Online Casinos hat die Regierung auch ein monetäres Interesse daran, an diesem Erfolg zu verdienen. Da die Branche als attraktiver Wirtschaftszweig angesehen wird, ist die Neuaufsetzung des Glücksspielstaatsvertrags aus zwei Sichtweisen zu betrachten: die Regulierung für eine legale Handhabung sowie die Maximierung der steuerlichen Einnahmen.
Was ist zu beachten?
Damit Online Casinos eine deutsche Lizenz erhalten, müssen sie diverse Bedingungen erfüllen, welche mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag einhergehen. In erster Linie sind die Kriterien dafür gedacht, um ein Präventionsgesetz für die Spieler zu errichten und die Möglichkeit der Spielsucht zu kontrollieren. Für Anbieter von Online Casinos bedeutet dies Folgendes:
Wer ein Online Casino in Deutschland betreiben will, muss sich dazu verpflichten, eine Sperrdatei in sein System zu integrieren. Diese Sperrdatei wird von den Behörden kontrolliert und regelt die Anmeldungen eines Users. Hier geht es nicht darum, wie oft sich ein Nutzer einloggt. Es geht darum, dass jeder Nutzer ausschließlich in einem Online Casino registriert sein darf. Hat sich der Nutzer für einen Anbieter entschieden, so kann er in keinem weiteren Online Casino mit deutscher Lizenz gemeldet sein. Hinzu kommt: Wird der Account einmal gesperrt, ist eine Nutzung gänzlich unmöglich.
Anbieter verpflichten sich dazu, dass die Limitierung der monatlichen Einsätze überwacht wird. Mehr als 1.000 Euro dürfen Spieler nicht setzen. Ist dieses Limit erreicht, kann erst im Folgemonat neuer Einsatz getätigt werden. Damit diese Summe nicht sofort erreicht wird, sind Autoplay-Funktionen verboten und es darf maximal 1 Euro pro Spin gesetzt werden. Eine Einschränkung, die für ein Umgewöhnen sorgen wird.
Die Frage, wie dieser Einsatz bei Poker oder Roulette funktionieren soll, ist schnell beantwortet: Gar nicht. Casinos mit deutscher Lizenz dürfen in ihrem Angebot ausschließlich Automatenspiele anbieten. Kartenspiele oder Live Poker sind derweil untersagt.
Abstandsregelung für Spielhallen
Wie die neuen Regelungen von den Nutzern aufgenommen werden und ob sich der Boom, den Online Casinos besonders 2020 verzeichneten legen wird, wird sich ab der zweiten Jahreshälfte abzeichnen. Aber auch landbasierte Spielhallen müssen sich auf einige Änderungen gefasst machen, die deutlich gravierende Auswirkungen auf die Anzahl der Standorte haben wird. Ab Juli 2021 müssen mindestens 500 Meter Abstand zwischen Wettbüros und Spielhallen liegen sowie 200 Meter Abstand zu Oberschulen. Besonders in Großstädten wie Hamburg oder Berlin wird diese Regelung zu einem Ausdünnen des Angebotes führen. Für die Branche eine interessante Umbruchphase, die mit Spannung und Skepsis erwartet wird.
Zwar ist damit die Regelung des Glücksspiels innerhalb Deutschlands geklärt, doch wie sich ausländische Betreiber bezüglich des neuen Glücksspielstaatsvertrags verhalten werden, bleibt abzuwarten. Eine gänzliche Einstellung auf dem deutschen Markt ist unwahrscheinlich. Fragwürdig bleibt zudem, ob Nutzer bei der Inanspruchnahme des Angebotes nicht-lizensierter Casinos zur Rechenschaft gezogen werden oder ob es weiterhin als Grauzone gewertet wird.